Fallbeispiel
Ein Patient stellt sich am Morgen fußläufig in Eurer Notaufnahme vor und klagt über stärkste Schmerzen an den ersten drei Fingern seiner rechten Hand, die er sich durch kein mechanisches Trauma erklären kann. Bei näherer Inspektion ist die Haut an Mittel- und Endphalangen der betroffenen Finger sichtlich aufgetrieben und hat eine weißlich-gräuliche Verfärbung angenommen.
Der Patient berichtet, er sei Anlagenmechaniker einer Firma, die Mikrochips produziert.
Am Vortag habe er noch den Motor eines Fließbands repariert; beim Aufräumen habe er mit seinen Maschinisten-Handschuhen aus Baumwolle versehentlich in aus einer fehlerhaften Leitung austretende Flüssigkeitsreste gefasst. Da sich akut keine Symptomatik eingestellt habe, sei er von einer harmlosen Substanz ausgegangen und habe die Arbeit fortgesetzt. Mittlerweile kann er sich vor Schmerzen kaum beruhigen und drängt auf eine adäquate analgetische Behandlung.
Der Patient bietet also als führende Symptomatik stärkste Schmerzen, die auf den ersten Blick nur schwerlich durch den sichtbar entstandenen Schaden erklärbar scheinen und berichtet über Kontakt zu einer unbekannten Substanz. In der Zusammenschau liegt hier eine Schädigung durch Flusssäure nahe. Aber was genau ist das, ist das schlimm, und was gilt es zu tun?
Wirkstoffmechanismus
Fluorwasserstoffsäure, auch Flusssäure genannt, ist eine (sogenannte!) schwache Säure mit der Summenformel HF. Da sie sogar Metalle und Stein angreift, wird sie im Haushalt in geringer Konzentration in Rostlösern, in der Industrie sehr stärker konzentriert in Glas- und Steinreinigern, in der Produktion von Fluoriden sowie bei der Herstellung von Halbleitern und Mikrochips verwendet.1,2
Vergiftungen mit Flusssäure sind verhältnismäßig selten2–4, können aber, insbesondere bei verspätetem Therapiebeginn und ausgeprägter Stoffexposition, tödlich enden. Diese Gefahr ist in den Stoffeigenschaften von HF begründet:
Mit einem Siedepunkt von 19,54°C ist sie flüchtig und verdampft bei Raumtemperatur. Flusssäure ist in Wasser schlecht löslich (pKa = 3,2), in Lipiden löst sie sich dementsprechend aber weitaus besser. Das sorgt für den recht einmaligen Pathomechanismus der Schädigung bei Kontakt mit HF: Der oberflächliche Substanzschaden bleibt zunächst oft gering. Ihre Stoffeigenschaften erlauben der Flusssäure jedoch, tief ins Gewebe vorzudringen, um dort im lipophilen Milieu zu dissoziieren. Das Proton sorgt dann wie bei anderen Säuren für lokale ätzende Schädigungen, die zu teils kolliquierenden Nekrosen führen, während das Fluorid-Anion an Kationen wie Calcium und Magnesium bindet und nicht nur lokal, sondern bei großen Mengen auch systemisch zu schweren Hypocalciämien führen kann. Besonders an der Flusssäure ist also nicht nur ihre oberflächlich oftmals nicht sichtbare ätzende Wirkung, sondern auch die mögliche systemische Wirkung durch Bindung des Fluorids der Säure an körpereigenes Calcium.
Der lokal verminderte Calciumspiegel sorgt vermutlich durch eine Erhöhung der Kalium-Membranpermeabilität sowie durch eine fluoridvermittelte direkte Hemmung von Natrium-Kalium-ATPasen zu lokalen Hyperkaliämien. Außerdem hemmt das Fluoridion auch andere Enzyme wie die Acetylcholinesterase und die Adenylatcyclase.1,5
Erst ab einer Konzentration von 50% verhält sich HF wie eine starke Säure und doniert ihr Proton an Ort und Stelle: das Bild ähnelt dann den „gängigen“ Verätzungen an der Körperoberfläche.
Flusssäure wird aufgrund ihrer hohen Lipophilie rasch über alle Körperoberflächen resorbiert; die Elimination der Fluoridionen erfolgt über den Harn. Nach zwei Tagen sind im Regelfall noch etwa 30 Prozent des aufgenommenen Fluorids im Körper vorhanden.1
Symptome
Die Symptome eines Kontaktes mit Flusssäure variieren je nach Art der Exposition.
Allen Spielarten gemein ist jedoch die extreme Schmerzsituation, die vermutlich aus lokalen Hyperkaliämien resultiert5, die konzentrations- und mengenabhängige Latenzzeit zwischen Kontakt und Symptom (je geringer die Menge und Konzentration, desto länger der Abstand von Expositionszeitpunkt und Symptombeginn, manchmal bis zu 72h), die Gefahr der systemischen Resorption mit kardiovaskulären Komplikationen sowie die herausragende Rolle von Calciumgluconat in der Therapie.
Ingestion
Das Verschlucken von Flusssäure führt sehr oft zu Übelkeit und Erbrechen, seltener auch zu Hämorrhagien im oberen und unteren Verdauungstrakt; andere Symptome wie Koliken, blutige oder unblutige Durchfälle und Hypersalivation sind ebenfalls dokumentiert. Während lokale Verätzungen des Mund- und Rachenraumes oder des Ösophagus nahe zu liegen scheinen, treten sie (vermutlich durch die besonderen Stoffeigenschaften begründet) relativ selten, und erst bei Expositionen in ausgesprochen hoher Konzentration und größerer Menge auf.1,6
Bei Ingestionen von HF kommt es häufig, und auch verhältnismäßig schnell (innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden) zur systemischen Resorption mit und potenziell lebensgefährlichen kardiovaskulären Symptomen (siehe unten); auch Leberwerterhöhungen sind beschrieben.1–3 Kollegen aus Jena dokumentierten außerdem einen Fall von toxischer Myokarditis nach Ingestion von HF in suizidaler Absicht.7
Inhalation
Da Flusssäure bei (nicht-antarktischer) Raumtemperatur verdampft, ist ein Kontakt über die Atemwege nicht selten Teil des Vergiftungsgeschehens.
Flusssäure wirkt als Reizgas und kann laut Mühlendahl schon ab 5 parts per million zu Reizgeschehen in Mund und Nase führen. Höhere Konzentrationen sorgen für kaustische Schädigungen im gesamten Respirationstrakt, Husten, Bronchospasmen, Ödemen, und toxischen Entzündungen in Trachea, Bronchien und Lungen bis hin zu Hämorrhagien, Atelektasen und ARDS.
Auch hier sind eine Latenz von über 24 Stunden sowie eine systemische Symptomatik möglich.1–3
Exposition des Auges
Sowohl durch HF in der flüssigen, als auch in der Gasform können signifikante Verletzungen des Auges entstehen. Beschrieben sind hier teils kolliquierende Verätzungen und Ulzerationen der Cornea und der tiefer liegenden Strukturen sowie stärkste Schmerzen und Konjunktivitiden.1–3
Exposition der Haut
Bei Hautkontakt mit Flusssäure gibt es nicht selten kaum oder keine äußerlich sichtbaren Läsionen. Diese Besonderheit hat HF vor einigen Jahren bereits eine Hauptrolle im Wiener Tatort verschafft und ist in den bereits oben erwähnten Stoffeigenschaften begründet: Da bei niedrigen bis mittleren Konzentrationen die oberflächliche ätzende Wirkung begrenzt ist, wird die lipophile Flusssäure nicht von denaturierten Proteinen aufgehalten, sondern bahnt sich den Weg in die Tiefe.
Dadurch kommt es mit Latenz von teils über 24 Stunden zu stärksten Schmerzen an der betroffenen Stelle; in der Folge können sich über viele Tage Gewebsveränderungen wie Blasen, Erythem, gräuliche Verfärbung, Ulzerationen und (gegebenenfalls auch den Knochen betreffende) tiefe kolliquierende Nekrosen bilden. Weiterhin besteht das große Risiko einer raschen systemischen Resorption.1–3
Die Latenz des Symptombeginnes und die Schwere der Verletzungen durch Flusssäure hängen von deren Konzentration ab: laut Mühlendahl können bei Konzentrationen unter 20 Prozent die Symptome bis zu 24 Stunden nach Kontakt beginnen, bei geringerer Verdünnung treten Symptome schon nach einer bis acht Stunden auf; bei Konzentrationen von über 50 Prozent zeigen sich (wie oben beschrieben) fast sofort Hautverätzungen, die denen einer starken Säure ähneln.1
Als Faustregel für ein besonders hohes Risiko der systemischen Komplikationen gibt Mühlendahl an, dass bei 50-prozentiger Flusssäure schon ein betroffenes Areal von 1 % der Körperoberfläche, also ein Areal von der Größe des Handtellers des Betroffenen, eine red flag darstellt. Eine HF-Exposition von 5 Prozent der Körperoberfläche prädisponiert unabhängig von der Konzentration der Säure für einen ungünstigen systemischen Verlauf.
Systemische Resorption
Jede der oben genannten Formen des HF-Kontakts kann zur systemischen Resorption führen. Führende Folge ist hier die Elektrolytstörung, insbesondere in Form der Hypocalcämie; weiterhin beschrieben sind Hypomagnesiämie und Hypokaliämie.
Diese führen zu potentiell bedrohlichen kardiovaskulären Komplikationen wie Tachykardien und -arrhythmien bis hin zu Kammerflimmern und Asystolie. Früh bemerkbar macht sich oft eine Verlängerung des QT-Intervalls.1
Weiterhin beschrieben sind Schock und Hypotension, Ateminsuffizienz, quantitative Bewusstseinsstörung, Schmerz und Funktionsausfall der Muskeln sowie Krampfanfälle, metabolische Azidose.1 Auch Dysfunktionen von Leber und Nieren sind beschrieben.5
Management
Bei lokal stark begrenzter (kleine Kontaktfläche) Exposition mit niedrig konzentrierter Flusssäure (einstelliger Bereich) ist keine systemische Wirkung im Sinne einer Hypocalcämie zu erwarten.1–3,5,8
Basierend auf den Erkenntnissen von Mühlendahl1 und Upfal und Kollegen2 lässt sich folgende Faustregel zur Prophylaxe formulieren:
Calciumgluconat i. v. prophylaktisch bei
- Kontakt mit 50-prozentiger Flusssäure auf mindestens einem Prozent der Körperoberfläche oder
- Kontakt mit Flusssäure auf einem Bereich von mindestens fünf Prozent der Körperoberfläche.
Klinisches Vorgehen und systemische Therapie
Für die systemische Infusion von Calciumgluconat empfehlen verschiedene Quellen übereinstimmend bei Kindern, Erwachsenen und Jugendlichen einen initialen Bolus von 10-20 mL Calciumgluconat 10% langsam i. v., sowie dann eine stufenweise Titration nach Serumcalciumspiegel (anfangs sollten alle Elektrolyte und der Blutzucker jede Stunde via BGA kontrolliert werden).1,8 Mühlendahl schlägt außerdem bei schwereren Intoxikationen bei Jugendlichen und Erwachsenen einen Bolus von 1 g Magnesiumsulfat i. v. vor; Kinder erhalten 25-50 mg pro Kilogramm Körpergewicht.1
Patienten mit signifikanten Intoxikationen sollten darüber hinaus durch apparatives Monitoring überwacht werden.1,8
Auftretende Herzrhythmusstörungen sollten (neben der oben genannten Gabe von Magnesium und Calcium) je nach Bedarf und Entität mit intravenösen Antiarrhythmika therapiert werden. Im Falle eines Kammerflimmerns kann auch eine mehrfache Defibrillation indiziert sein.1–3,5,8
Die Elimination von Fluorid durch den Harn kann durch Diuretika und Alkalisierung des Harns beschleunigt werden1,5; für die Evaluation eines klinischen Nutzens dieser Intervention ergab unsere Recherche keine belastbaren Daten.
Es existieren Fallberichte, in denen Hämodialyse anscheinend einen positiven Effekt auf das Outcome einzelner HF-Intoxikationen hatte9,10; Zhang und Kollegen legen nahe, die Intervention gegebenenfalls in Erwägung zu ziehen8. Eine große Stichprobe oder ein umfassendes Review dieser Therapie existiert bisher nicht.
Expositions-adaptierte Therapie
Die auf einzelne Modi der Exposition bezogenen Therapieformen gestalten sich (zusätzlich zur systemischen Therapie) wie folgt:
Ingestion
Bei der oralen Ingestion von HF steht eine schnelle Gabe von Calciumionen im Vordergrund. Dies führt zur Bildung von Calciumfluorid, was eine Resorption des Giftes erschwert. Hier kann tatsächlich ein Hausmittel helfen: Dem Patienten kann Milch zu trinken gegeben werden. Mühlendahl empfiehlt darüber hinaus noch am Unfallort (also am besten ohne Zeitverzug, daher also auch: ohne Ipecac!), induziertes Erbrechen herbeizuführen, da die Verhinderung einer Resorption in ihrem Nutzen das Risiko einer Perforation und weiteren lokalen Schädigung deutlich überwiege.1
Weiterhin kann (bestenfalls innerhalb der ersten 90 Minuten post expositionem) eine Magenspülung mit Absaugung, danach Ausspülung mit 1 % Calciumgluconat und anschließendem Belassen von 40 mL Calciumgluconat 1% (Kinder: 1 mL/kgKG) im Magen durchgeführt werden.1
Inhalation
Bei Inhalation wird die Inhalation von Calciumgluconat 2,5-3% durch einen Vernebler empfohlen; Zhang und Kollegen legen hier eine Wiederholung alle 4 Stunden nahe.1,8
Da es sich bei HF-Dampf um ein Reizgas handelt, empfiehlt Mühlendahl die Verwendung eines Corticoidsprays als Inhaler. Bei der Entwicklung eines Lungenödems oder ARDS sollten weitere intensivmedizinische Schritte ergriffen werden.1
Haut-Exposition
Der erste Schritt bei der Behandlung der Flusssäure-Schädigung der Haut ist die Entfernung jedes betroffenen Kleidungsstücks und die gründliche, mindestens eine Viertelstunde andauernde Spülung mit Wasser oder, falls vorhanden, Calciumgluconat 1%-Lösung. Die Spülrichtung ist so zu wählen, dass der Flüssigkeitsstrom von der betroffenen Stelle direkt ohne Kontakt zur restlichen Körperoberfläche in ein Auffangbehältnis läuft. Gegebenenfalls ist auch ein anschließendes Spülen mit Polyethylenglykol oder Hexafluorin zur Inaktivierung der Fluoridionen sinnvoll, McKee geht allerdings entsprechend einer Studie von Hultén et al11 von einer Nicht-Überlegenheit anderer Spüllösungen gegenüber der einfachen Spülung mit Wasser aus.1,5
In Fällen einer kurzen Exposition einer kleinen Fläche mit gering konzentrierter Flusssäure kann anschließend das Auftragen von Calciumgluconat-Gel 2,5 % ausreichen.1,5 Dieses kann man entweder mit Calciumgluconat-Lösung und z.B. „KY-Jelly“, also z.B. wasserbasiertem Ultraschallgel herstellen,5 es gibt das Gel aber auch schon vorgefertigt.
Bei Schmerzen oder schwereren Fällen von HF-Exposition (laut McKee ab einer Konzentration von 29 %)5 sollte das betroffene Hautareal mit 0,5 mL Calciumgluconat 10 % pro Quadratzentimeter betroffener Haut unterspritzt werden.1,5 Im Gesicht empfiehlt Mühlendahl eine 5-prozentige Lösung.1
Bei Läsionen an Fingern und Zehen besteht bei Infiltrationen die Gefahr eines überhöhten Kompartmentdrucks, weshalb Mühlendahl hier von Infiltrationen kategorisch abrät und die intraarterielle Gabe empfiehlt (s. unten). McKee und Kollegen empfehlen bei der Entscheidung zur Infiltration eine Begrenzung der infiltrierten Menge auf 0,5 mL pro Phalanx und gegebenenfalls eine Wiederholung nach einigen Stunden1,5
Bei Fällen extremer Schmerzen und schwererer Expositionen von Fingern und Zehen kann die Indikation zur intraarteriellen Injektion von Calciumgluconat gestellt werden. Hierzu empfiehlt Mühlendahl bei Erwachsenen die Verdünnung von 10 mL 10-prozentiger Calciumgluconatlösung 1:1 mit NaCl 0,9, welche über 20-30 Minuten über einen sicher liegenden arteriellen Zugang in die A. radialis injiziert werden. Laut Mühlendahl ist eine Wiederholung bis zu 30 mL injizierter Gluconatlösung 10% bis zur Schmerzfreiheit möglich, danach sollte eine BGA abgenommen und der Giftnotruf konsultiert werden.1
McKee und Kollegen beschreiben die Infusion von 50 mL 4-prozentiger Calciumgluconatlösung über vier Stunden und die Wiederholung alle 12 Stunden bis zur Schmerzfreiheit. Weiterhin sei (selten praktiziert, aber theoretisch) es möglich, Calciumgluconat unter Blutsperre proximal des Ellbogens lokal i. v. zu verabreichen.5
Bei Kontakt des Fingernagels mit Flusssäure sollte großzügig die Indikation zur Entfernung des Nagels gestellt werden, da das Gift den Nagel oft fast ohne sichtbare Zeichen passiert und verheerend auf das Nagelbett wirken kann.1,5
Bei größeren Nekrosen kann ein chirurgisches Débridement erwogen werden.1,5
Exposition des Auges
Ist das Auge von Flusssäure-Exposition betroffen, sollte das Auge mindestens 30 Minuten lang mit Wasser oder NaCl 0,9 gespült werden; bezüglich des Verlaufs der Spülflüssigkeit sollten dieselben Kautelen wie bei der Hautirrigation beschrieben eingehalten werden. Falls nötig, kann zum Offenhalten des Auges lokalanästhetisch therapiert werden. Weiterhin sollten Calciumgluconat-Augentropfen (akut: 1%, 1 Tr. alle 2-3h) in Kombination mit Dexpanthenol-Salbe angewendet und regelmäßig der Augenarzt konsultiert werden.1,5
Zusammenfassung
- Flusssäure sorgt erst in Konzentrationen ab etwa >50% für sofort sichtbare, säurentypische oberflächliche Verätzungen; bei niedrigeren Konzentrationen treten die Verätzungen mit langer Latenz und vornehmlich in der Tiefe des Gewebes auf. Das Leitsymptom ist hier der überproportionale Schmerz mit teils langer Latenz zu einer möglichen Stoffexposition
- Gefährlich ist bei allen signifikanten Expositionen neben der lokalen, vor allem die systemische Wirkung. Daher ist hier neben der lokalen Calciumgabe auch die intravenöse Calciumgabe und ein Intensivmonitoring wichtig (jede Ingestion, Inhalationen mit HF >60 % oder über längere Zeit sowie Hautkontakt mit HF >50 % ab 1% KOF oder niedrigere Konzentrationen von HF ab 5 % KOF)
- Potentiell tödliche Komplikationen sind durch Elektrolytstörungen ausgelöste Herzrhythmusstörungen, die durch Gabe von Magnesium und Calcium sowie (medikamentöse und – falls nötig – elektrische) antiarrhythmische Therapie behandelt werden sollten
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Quellen
- Mühlendahl KE [Hrsg. . Vergiftungen Im Kindesalter. 4th ed. Stuttgart: Thieme; 2003.
- Upfal M, Doyle C. Medical management of hydrofluoric acid exposure. J Occup Environ Med. 1990;32(8):726-731.
- Kirkpatrick JJR, Enion DS, Burd DAR. Hydrofluoric acid burns: a review. Burns. 1995;21(7):483-493.
- Wong A, Greene S, Robinson J. Hydrofluoric acid poisoning: Data from the Victorian Poisons Information Centre. EMA – Emerg Med Australas. 2012;24(1):98-101.
- McKee D, Thoma A, Bailey K, Fish J. A review of hydrofluoric acid burn management. Can J Plast Surg. 2014;22(2):95-98.
- Kao WF, Dart RC, Kuffner E, Bogdan G. Ingestion of low-concentration hydrofluoric acid: An insidious and potentially fatal poisoning. Ann Emerg Med. 1999;34(1):35-41.
- Gradinger R, Jung C, Reinhardt D, Mall G, Figulla HR. Toxic Myocarditis due to Oral Ingestion of Hydrofluoric Acid. Hear Lung Circ. 2008;17(3):248-250. doi:10.1016/j.hlc.2007.04.011.
- Zhang Y, Wang X, Sharma K, et al. Injuries following a serious hydrofluoric acid leak: First aid and lessons. Burns. 2015;41(7):1593-1598.
- Björnhagen V, Höjer J, Karlson-Stiber C, Seldén AI, Sundbom M. Hydrofluoric Acid-Induced Burns and Life-Threatening Systemic Poisoning-Favorable Outcome after Hemodialysis. J Toxicol – Clin Toxicol. 2003;41(6):855-860.
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- Hultén P, Höjer J, Ludwigs U, Janson A. Hexafluorine vs. standard decontamination to reduce systemic toxicity after dermal exposure to hydrofluoric acid. J Toxicol – Clin Toxicol. 2004;42(4):355-361.
Der Chemiker kommentiert:
Flusssäure ist sehr gut in Wasser löslich (mischbar – in jedem Verhältnis; der pKa-Wert spielt hierfür keine Rolle). Die Lipidlöslichkeit ist viel geringer als die Wasserlöslichkeit, reicht aber immerhin, um Lipidmembranen zu durchdringen.
Im Haushalt wird man flusssäurehaltigen Mitteln heutzutage wegen ihrer hohen Toxizität kaum begegnen; im industriellen Bereich sind sie durchaus noch üblich.
Richtiger Kommentar, das haben wir unglücklich formuliert! Gemeint ist aufgrund der Lipidlöslichkeit und des in niedrigeren Konzentrationen zunächst nur mäßigen protolytischen Effektes, kann die Flusssäure ohne eine direkte Symptomatik zu verursachen zunächst in tiefere Regionen vordringen und erst mit deutlicher Verzögerung Beschwerden verursachen.