A (potentially) lethal spoonful of poison

Vor einigen Monaten haben wir in unserem Artikel über den One Pill Kill über Medikamente berichtet, bei denen bereits ein bis zwei Tabletten für kleine Kinder Lebensgefahr bedeuten. Wir wissen, dass euch die kleinen Racker am Herzen liegen und möchten deshalb nun eine weitere (mitnichten vollständige!) Auswahl an Stoffen präsentieren, die häufig in Haushalt und Garten vorkommen und bei denen schon die Einnahme etwa einer Teelöffel-Menge Lebensgefahr bedeuten kann.

Amatoxin / Knollenblätterpilz

Etwa 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen entsteht durch Amatoxin-haltige Pilze.1 Dies ist in Deutschland vor allem der grüne Knollenblätterpilz, der leider nicht nur im Wald wächst, sondern auch im heimischen Garten und Wiesen öffentlicher Parks heimisch ist.2

Dabei enthält ein ausgewachsener Knollenblätterpilz etwa 6-8 mg Amatoxin und die tödliche Dosis liegt bei etwa 0,1 mg/kgKG.3 Das heißt: Für ein 10 kg schweres Kleinkind reicht das Verspeisen von einem Achtel bis zu einem Sechstel eines Pilzes, um eine tödliche Dosis Amatoxin aufzunehmen.

Amatoxin blockiert im Zellkern die DNA-Transkription und unterliegt einem ausgeprägten enterohepatischen Kreislauf. Es bewirkt einen dreiphasigen Vergiftungsverlauf.

Zunächst kommt es mit einer Latenz von 6-24 Stunden zu heftigem Erbrechen und wässrigen Durchfällen sowie Bauchkrämpfen für einige Stunden. Hiernach gibt es oft eine asymptomatische Phase, bevor es nach etwa 48 Stunden zur hepatischen Phase mit fulminantem Leberzelluntergang und je nach Dosis Leberversagen kommt.4

Während bei Mengen < 1 cm² auch für Kleinkinder keine Gefahr besteht, sollte bei größeren Ingestionsvolumina aggressiv behandelt werden.4

Da zunächst oft unklar ist, in welchen Pilz das Kind gebissen hat, kann über die Giftnotrufzentralen ein Pilzsachverständiger kontaktiert werden, der den Pilz bestimmt.

Handelt es sich um einen amatoxinhaltigen Pilz mit, auch nur möglicher, relevanter verspeister Menge, erfolgt die repetitive Gabe von Aktivkohle, um die Giftaufnahme zu minimieren und den enterohepatischen Kreislauf zu durchbrechen.

Parallel sollte eine Antidottherapie mit Silibinin oder Penicillin G begonnen werden, welche nach etwa 30 Stunden beendet werden kann, falls die gastrointestinale Phase ausbleibt. 2,4

Darüber hinaus können auch andere Pilze in kleinen Mengen bei Kleinkindern schwere Symptome hervorrufen, sodass bei Verspeisen von Teilen unbekannter Pilze immer die Identifikation des Pilzes durch einen Pilzsachverständigen, welche über die Giftinformationszentralen vermittelt werden können, angestrebt werden sollte. 2

Weitere Details findet ihr in unserem Artikel über Pilzvergiftungen.

Baby-Puder

Zur Behandlung oder Prävention einer Windeldermatitis nutzten viele Eltern früher talkumhaltiges Babypuder5 und auch heute wird Babypuder noch eingesetzt. Während das Puder an sich bei oraler Aufnahme praktisch ungefährlich ist, kann die inhalative Aufnahme hochgefährlich sein.6

Der typische Mechanismus ist dabei, dass das Kind zum Windelwechsel auf dem Rücken liegt und von den Eltern die Babypuder-Flasche zum Spielen gereicht bekommt. Löst sich der Deckel, oder ist dieser noch offen, fallen rasch große Mengen Puder auf das Gesicht des Kindes und eine Aspiration (ein Einatmen) des Pulvers ist häufig die Folge.2,5,6

Da die Pulver meist aus Talkum (Magnesiumsilikat) oder anderen schlecht wasserlöslichen Verbindungen bestehen, führt die Aspiration zu einem „Austrocknen“ der Wände von Trachea, Bronchien und Zilien und zudem zu einer Obstruktion der kleinen Atemwege mit folgender Ödem- und Entzündungsreaktion.6 Auch für Alternativprodukte wie stärke-haltige Pulver wurden schwere Symptome nach Aspiration durch Kleinkinder beschrieben.7

Typischerweise husten die Säuglinge nach Aspiration des Pulvers heftig und können einen Stridor sowie eine Zyanose entwickeln. Diese Symptome klingen oft nach wenigen Minuten spontan ab, bevor es nach einem symptomfreien Intervall von 8-24 Stunden erneut zu Beschwerden aufgrund von Obstruktion und Atelektasenbildung kommt.2 In Auswertungen älterer Fallberichte lag die Letalität immerhin um 20 Prozent (5 von 25 Fällen).8 Obwohl der Einsatz von Babypuder insgesamt rückläufig zu sein scheint, werden auch aktuell noch Fälle mit schwerer pulmonaler Symptomatik berichtet.9,10

Therapeutisch wird die Gabe von Kortison (z.B. 3-5 mg/kgKG Prednison für wenige Tage) empfohlen und auch die Durchführung einer bronchoalveolären Lavage diskutiert, wobei hier Uneinigkeit über den klinischen Nutzen besteht.2,5,6 In neueren Fallberichten scheint die zusätzliche Verneblung von künstlichem Surfactant (Dosierung z.B.: 120 mg/ 1,5 ml ) effektiv gewesen zu sein.10

Backofenreiniger

Viele Backofenreiniger enthalten die starken Laugen Natriumhydroxid oder Kaliumhydroxid in höheren Konzentrationen, um Fettsäuren zu hydolysieren und damit entfernbar zu machen. Diese Konzentrationen reichen für eine Ätzwirkung an menschlicher Haut und Schleimhaut, weshalb die Hersteller meist den Einsatz nur mit Handschuhen empfehlen.

Lecken nun Kinder am Backofenreiniger oder nehmen gar eine kleine Menge zu sich, kann dies nicht nur zu Verätzungen im Mund-Rachenbereich mit seltenen lebensgefährlichen Glottisödemen und konsekutiven Strikturen führen,11 sondern auch Verätzungen im Bereich von Magen- und Speiseröhre verursachen.12

Auch wenn beide Komplikationen selten sind und in den meisten Fällen nur Übelkeit und Erbrechen sowie ein Kratzen im Hals auftreten, litt ein dreijähriger Junge nach Einnahme eines Backofenreinigers an heftiger Hämatemesis und musste intubiert und beatmet werden, bevor er fünf Tage später entlassen werden konnte.12

Nur wenige Produkte enthalten ausschließlich Seifen und sind daher harmloser. Bei Einnahme eines Backofenreinigers, auch wenn daran nur geleckt wurde, kann als Erstmaßnahme vor Ort der Mund mit Wasser ausgespült und schnell ein Glas Wasser oder Saft zu trinken gegeben werden. Außerdem sollte immer die Rücksprache mit einer Giftnotrufzentrale erfolgen. Die Kollegen dort können die Zusammensetzung des Produktes einsehen und daran ausgerichtet Empfehlungen zum weiteren Vorgehen geben, welches meist eine Vorstellung und ggf. auch Überwachung in der Kinderklinik beinhalten wird.

Ethylenglykol

In unserem Artikel über Ethylenglykol haben wir bereits dargestellt, dass bereits kleine Mengen Ethylenglykol, nämlich bereits ein Schluck, lebensgefährlich sein können.

Bei kleinen Kindern im Alter bis etwa drei Jahren reicht hier die Aufnahme von weniger als einem Teelöffel Kühlerfrostschutzmittel, um eine gefährliche Dosis zu erreichen. Ethylenglykol kommt nicht nur in Frostschutzmitteln vor, sondern wurde früher auch in Konzentrationen bis zu 25 % in Kühlkissen verwendet.2
Kinder beißen diese hin und wieder auf und essen das blaue Kühlgel, welches mit unvergälltem Ethylenglykol süßlich schmeckt, auch in größeren Mengen, so dass die Gefahr einer Vergiftung besteht.
Zwar wird seit einigen Jahren in Kühlkissen das ungiftige Propylenglykol verwendet, Restbestände von Kühlkissen mit Ethylenglykol sind in privaten Haushalten aber noch im Umlauf. Kommt es nach der Ingestion von Kühlkissen-Inhalt zu einer Rauschsymptomatik ähnlich der Alkoholintoxikation, enthielt das Kühlkissen wahrscheinlich noch Ethylenglykol und eine sofortige intensivmedizinische Therapie sollte begonnen werden.

Details zu Symptomatik und Therapie von Vergiftungen mit Ethylenglykol gibt es hier.

Kampfer

Kampfer ist ein Feststoff aus dem ätherischen Öl des Kampferbaumes. Es wird gerne in Erkältungssalben und -Cremes eingesetzt, kommt in höheren Konzentrationen aber vor allem in Tigerbalsam und Kampfer-Öl vor.13

In der Literatur werden tödliche Vergiftungen bei Kindern bereits nach der Einnahme von 500 mg Kampfer beschrieben, wobei häufiger bei Dosierungen von 750 bis 1000 mg zu Krampfanfällen, Koma, Atemdepressionen und Todesfällen kommt. Dies entspricht etwa der Einnahme von 5ml oder einem Teelöffel Tigerbalsam.

Die Einnahme von Kampfer führt innerhalb von 5 Minuten bis 2 Stunden zu lokalen Beschwerden wie Brennen im Mund-Rachen-Bereich und Erbrechen, vor allem aber zu neurologischen Symptomen mit Verwirrung, Überregbarkeit, Krampfanfällen, Koma und Atemdepression, wobei Krampfanfälle bei schweren Vergiftungen häufig sind und als erstes Symptom auftreten können.13

Krampfanfälle wurden auch schon für die Einnahme von < 200mg/kgKG Kampher beschrieben, auch wenn dies die Ausnahme zu sein scheint. So berichtet Ruha über ein 4-Jähriges Mädchen, welches nach Einnahme von Vicks Vaporub, resultierend in einer Aufnahme von 175 mg/kgKG Campher, einen Krampfanfall erlitte.14
Das Risiko nach Einnahme dieses Produktes insgesamt erscheint jedoch gering, da es seit Jahrzehnten auf dem Markt ist und es nur sehr wenige Fallberichte mit gefährlichen Vergiftungen gibt.
Zu gefährlichen Vergiftungen nach Einnahme von Erkältungscremes und -Salben kam es in einer Studie der kanadischen Giftnotrufzentrale in Ontario bei etwa 1% der vergifteten Kinder.15

Nach Einnahme von kampferhaltigen Mitteln sollte aufgrund der Gefährlichkeit immer eine Giftinformationszentrale konsultiert werden, die die genaue Zusammensetzung der Produkte einsehen und damit die Gefährlichkeit genauer einschätzen kann.
Ab einer Einnahme von etwa 500mg Kampfer (oder mehr als 30mg/kgKG) sollten Kleinkinder mit dem Rettungsdienst in die Kinderklinik gebracht und dort für 3 Stunden am Monitor überwacht werden. Bei fehlender Symptomatik ist hiernach eine sichere Entlassung möglich.13,16

Kochsalz

Kommt es zum Beispiel bei der Zubereitung von Säuglingsnahrung zur Verwechslung von Salz und Zucker, oder wurde versucht, bei einer Vergiftung durch die Gabe von Salzwasser Erbrechen auszulösen, kann es bei kleinen Kindern rasch zu lebensbedrohlichen Hypernatriämien kommen.

Für einen Säugling besteht schon nach der Einnahme von 0,3-0,5 g/kgKG (also einem Teelöffel oder weniger), bei älteren Kindern nach der Einnahme von einem gehäuften Teelöffel bis Esslöffel Lebensgefahr.

Neben Erbrechen und Durchfall werden die Kinder im Verlauf aufgrund der Elektrolytverschiebungen lethargisch bis bewusstlos und können Krampfanfälle erleiden. Außerdem ist eine Hyperglykämie ein häufiges Symptom.

Die Therapie besteht neben der supportiven Therapie in der langsamen Gabe von intravenösem freien Wasser (z.B. G5%), zum langsamen Senken der Hypernatriämie.2

Knopfzellbatterien

Das Verschlucken von Knopfzellbatterien kann bei kleinen Kindern, vor allem im Alter von 5 oder weniger Jahren, lebensgefährliche oder sogar tödliche Verletzungen hervorrufen.

Bleibt die Batterie in der Speiseröhre stecken, führt dies zu einem Stromfluss mit der Hydrolyse von Gewebsflüssigkeiten und dem Entstehen von Hydroxide am negativen Batteriepol.17 Dadurch entsteht schon innerhalb von ein bis zwei Stunden eine alkalische Verätzung.18 Diese kann zur Perforation mit Mediastinitis, ösphago-trachealer oder ösophago-aortaler Fistel führen. Für den amerikanischen und europäischen Raum sind Todesfälle aufgrund dieser Komplikationenen beschrieben.18,19

Dabei scheinen Batterien von 20 mm Durchmesser oder mehr, Lithium-Batterien mit einer Spannung von 3 Volt und mehr, und ein junges Alter unter 5 Jahren mit einem erhöhten Risiko verbunden zu sein.18,19 Die Inzidenz der schweren Komplikationen ist dabei (vielleicht aufgrund der Verbreitung von 3-V-Lithium-Batterien?) zunehmend und hat in den USA sogar zur Einrichtung einer Task-Force geführt.18,20

Aufgrund der Gefährlichkeit sollte schon bei fraglichem Verschlucken von Knopfzellbatterien eine Röntgen-Aufnahme des Verdauungstraktes erfolgen, um zu bestätigen, ob eine Batterie geschluckt wurde und wo diese sich befindet. Sollte die Batterie sich noch in der Speiseröhre befinden, ist eine notfallmäßige Endoskopie zur raschen Bergung (<2 Stunden nach Verschlucken) notwendig.20,21
Außerdem sollte dann bei Kinder, die älter als ein Jahr alt sind und vor weniger als 12 Stunden die Batterie geschluckt haben, bis zur ÖGD alle 10 Minuten 10ml Honig gegeben werden.
Batterien im Magen sollten entfernt werden, falls das Kind symptomatisch ist, oder diese nach 48-96 Stunden in einem Kontrollröntgen weiterhin im Magen verblieben sind.21

Alle Details findet ihr in unserem Artikel über Knopfzellbatterien.

Methylsalicylat, z.B. in Pferdesalbe

Salizylsäure findet beim Menschen nicht nur in Acetylslizylsäure (ASS) ihre Anwendung, sondern ist auch in der gefährlicheren Methylsalicylat enthalten, welche in hoher Konzentration von bis zu 98% in Wintergrünöl vorkommt.

So entspricht die Einnahme von 5 ml Wintergrünöl der Salizysäure-Dosis von 7 g ASS, was bei einem 20 kg schweren Kind einer Dosis von 350 mg/kgKG ASS entspricht, welche schwere und lebensbedrohliche Vergiftungen hervorrufen kann, entspricht.

In der Literatur werden mehrere Todesfälle nach Einnahme von 5-15ml Wintergrünöl durch Kinder unter 6 Jahren beschrieben.
Todesfälle durch Einnahme Wintergrünhaltiger Cremes wie Tigerbalsam wurden bisher nicht beschrieben, sind jedoch denkbar. Denn Wintergrünöl wird in vielen „natürlichen“ Cremes zur lokalen Anwendung, zum Beispiel Tigerbalsam und Pferdesalbe, teils hochkonzentriert eingesetzt.22

Kommt es zu einer Vergiftung gleicht Symptomatik der bei Vergiftungen mit Acetylsalicylsäure.
Zunächst kommt es zu häufig zu Tinnitus, Übelkeit und Erbrechen sowie Hyperventilation, bevor eine schwere metabolische Azidose mit Hirnödem, Bewusstseinsstörungen und konsekutivem Multiorganversagen eintreten. Das Management wird an Hand der ASS-Äquivalenzdosis festgelegt, in dem die aufgenommene Methylsalizylat-Menge mit dem Faktor 1.4 multipliziert wird.

Ab einer Aufnahme von 150 mg/kgKG ASS-Äquivalenzdosis ist mit Symptomen zu rechnen und eine stationäre Überwachung, bei großen Mengen auch die Kohlegabe und Intensivtherapie sind zu empfehlen.22

Neodym-Magnete

Neodym-Magnete sind besonders klein und stark, weshalb sie auf kleine Kinder eine besondere Anziehungskraft ausüben („magische Gegenstände“). Wird jedoch ein Neodym-Magnet zusammen mit einem anderen metallischen Gegenstand oder einem weiteren Magneten verschluckt, können sich die Magneten sogar über die Darmwand hinaus anziehen und zu Nekrosen, Perforationen, Darmverschlüssen und Darmischämien führen, die tödlich enden können.

Für Details möchten wir auf unseren Artikel zu Neodym-Magneten verweisen.

Petroleum (Lampenöl) und ähnliche Kohlenwasserstoffe

Bei Einnahme von weniger als einem Schluck Petroleum oder anderer Kohlenwasserstoffe wie Benzin oder flüssigen Grillanzündern besteht aufgrund der Stoffeigenschaften wie der hohen Viskosität auch bei normalem Schluckvorgang ein hohes Aspirationsrisiko mit folgender chemischer Pneumonitis. Resorptive Wirkungen sind bei der Einnahme vieler Schlucke möglich, treten aber hinter dem Risiko der Aspiration mit konsekutiver chemischer Pneumonitis in den Hintergrund.2

Aus diesem Grund sollte das Auslösen von Erbrechen nach Verschlucken von Lampenöl unter allen Umständen vermieden werden, um nicht eine weitere Aspiration während des Erbrechens zu provozieren. So verstarb ein 26-Monate alter Junge aufgrund von durch den Vater ausgelöstem Erbrechen nach Lampenöl-Einnahme an chemischer Pneumonitis und folgendem Multiorganversagen.23

Wurde Lampenöl oder ein anderer Kohlenwasserstoff mit hohem Aspirationsrisiko geschluckt, sollte eine stationäre Überwachung für mindestens zwei Stunden erfolgen. Kommt es in diesem Zeitraum nicht zu pulmonalen Symptomen wie Husten oder auffälligem Auskultationsbefund, ist die Entlassung in die häusliche Beobachtung möglich. Bei Auftreten von Beschwerden sollte zwei Stunden nach Einnahme ein Röntgen-Thorax durchgeführt und eine chemische Pneumonitis symptomatisch behandelt werden.2

Rohrreiniger

In fast jedem Haushalt vorhanden und noch ätzender als Backofenreiniger sind Rohrreiniger. Bereits die Aufnahme weniger Milliliter eines flüssigen Rohrreinigers kann auch bei fehlenden Verätzungsspuren im Mund-Rachenbereich und initialer Beschwerdefreiheit zu höhergradigen Verätzungen des Ösophagus führen.

Besonders Rohrreiniger-Granulate sind mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen behaftet, da diese dazu tendieren, sich an einer einzelnen Stelle des Ösophagus festzusetzen, sodass sie nur an dieser Stelle ihre Ätzwirkung entfalten und Perforationen bewirken können.

Die Korrelation von Symptomatik und Verätzungsgrad scheint dabei schlecht zu sein, sodass auch bei zunächst asymptomatischen Patienten höhergradige Verätzungen vorliegen können.24

Als Erstmaßnahmen sollten der Mund ausgespült und ein Glas Wasser zu trinken gegeben werden, um eine Verteilung der ätzenden Substanzen zu erreichen. Anschließend sollte eine Giftnotrufzentrale kontaktiert werden, die an Hand des Produktnamens die genaue Zusammensetzung einsehen und danach orientierte Management-Empfehlungen geben kann.
In der Regel wird eine Untersuchung und ggf. Magenspiegelung in einer Kinderklinik von Nöten sein. Sollten sich Hinweise für ein Glottisödem ergeben oder das Kind stark symptomatisch sein, sollte der Transport mit dem Rettungsdienst erfolgen.

Zusammenfassung

  • Nicht nur einige Medikamente, sondern auch im Haushalt und Garten vorkommende Stoffe können in geringer bis geringster Menge für Kleinkinder Lebensgefahr bedeuten
  • Diese Lebensgefahr beruht oftmals nicht auf einer biologischen Giftwirkung, sondern wird durch eine physikalische Wirkung ausgelöst (z.B. Ätzwirkung von Rohrreinigern oder Knopfzellbatterien, aber auch Pneumonitis nach Aspiration von Baby-Puder oder Lampenöl)

Das Vorgehen stichpunktartig zusammengefasst findet ihr auch als Pocket Card zum Download hier.

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Quellen

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  2. von Mühlendahl KE. Vergiftungen Im Kindesalter. 4th ed. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2003.
  3. Durand F, Valla D. Chapter 34 – Mushroom Poisoning: A Clinical Model of Toxin-Induced Centrilobular Necrosis. In: Kaplowitz N, DeLeve LD, eds. Drug-Induced Liver Disease (Third Edition). Boston: Academic Press; 2013:621-629.
  4. Romanek K, Haberl B, Pfab R, Stich R, Eyer F. Pilzvergiftungen: Symptome, Diagnostik und Therapie. Notfall + Rettungsmedizin. 2016;19(4):301-314.
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2 Replies to “A (potentially) lethal spoonful of poison”

  1. Eine kleine Anmerkung vom Chemiker:
    Methylsalicylsäure gibt es zwar; die wird aber nicht pharmazeutisch verwendet.
    Gemeint ist hier natürlich Salicylsäure-Methylester (Methylsalicylat). Der Körper spaltet die Verbindung in Methanol und Salicylsäure, die dann das Vergiftungsbild dominiert, auf.

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